· 

Bimodale und Elektro-Akustische Stimulation (EAS) (Teil 5)

Um eine Schwerhörigkeit zu kompensieren, gibt es verschiedene technische Möglichkeiten, wie man das physikalische Signal (also die Schallwellen) so verstärkt oder umwandelt, dass die Nerven und schlussendlich die Hörzentren im Gehirn das Signal wieder empfangen, umsetzen und interpretieren können.

 

Knochenleitungshörsysteme

Wenn die Hörschädigung ausschliesslich im Aussen- und/oder Mittelohr begründet liegt, kann man den Schall per Vibration über den Schädelknochen bzw. den Mastoid ins Innenohr leiten und somit den Ursprung der Schwerhörigkeit umgehen. Hierfür braucht man ein Knochenleitungshörgerät, sei dies ein knochenverankertes Hörsystem, ein komplett implantiertes Vibrationssystem oder einen aufgesetzten Vibrator, der mittels Kopfband, Brille etc. den gewünschten Druck auf den Knochen ausübt, um die Vibration zu übertragen.

 

Luftleitungshörsysteme

Bei einer Schallempfindungsschwerhörigkeit ist der Grund meist in der Cochlea zu finden. Im cortischen Organ sind mehrere tausend äussere und innere Haarzellen (Zilien), welche das physikalische Signal in ein elektrisches Potential umwandeln und an den Hörnerv weiterleiten. Wenn diese Haarzellen teilweise oder auch komplett geschädigt sind, wird kein Signal mehr weitergeleitet. Dies geschieht sehr oft frequenziell, also Tonhöhen abhängig und kann auch je nach Lautstärke des Signals variieren.

Das ist der typische Fall für eine Hörsystem, egal ob Hinter dem Ohr oder Im Ohr Geräte.

 

Cochlea Implantat

Wenn nun die Schädigung in der Cochlea so gross ist, dass kaum mehr Signale umgesetzt werden, gibt es die Möglichkeit, eine Sonde mit Elektroden in die Cochlea einzuführen und dann die Nerven direkt mit elektrischen Signalen zu stimulieren. Dies wiederum ist dann ein typisches Cochlea Implantat.

 

Nun gibt es verschiedene Kombinationsformen der oben erwähnten Systeme.

 

Bimodale Stimulation

Unter bimodaler Stimulation versteht man üblicherweise, dass in einem Ohr ein Cochlea Implantat, sprich eine elektrische Übertragung und im anderen Ohr ein Hörgerät, sprich eine akustische Übertragung, stattfindet. Heute weiss man, dass diese Kombination sehr gut funktioniert, was ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

Was also ist eine elektroakustische Stimulation (EAS)?

Heute gibt es einige Cochlea Implantate, welche es ermöglichen, sowohl elektrisch über die Sonde, wie auch akustisch über einen Hörer (Lautsprecher) durch den Gehörgang zu stimulieren. Dies ist also ein Hybrid , welcher  Kombination zweier Technologien in einem Gerät ermöglicht. Da die Cochlea wie ein Klavier die Frequenzen von ganz hohen Tönen (bis zu 20'000 Hz) nahe der Basis (basal) bis ganz hinein bis zur Spitze (apical) mit den tiefsten Tönen (16 Hz)  und sämtliche Tonhöhen dazwischen aufgeteilt hat, funktionieren diese zwei Technologien ideal zusammen. Da die Sonde meist bis etwa eineinviertel Umdrehungen eingeführt werden kann, werden hauptsächlich die hohen Töne versorgt. In meinem Fall, wie schon in einem früheren Blog beschrieben, sind das Klänge ab etwa 600 Hz und höher.

 

Da Hörgeräte sich hervorragend eignen, die tieferen Frequenzen akustisch zu verstärken, gibt dies zusammen mit der hochfrequenten Stimulation durch die Sonde eine super Kombination, vorausgesetzt man hat noch ein verwertbares Tiefton-Gehör.

Wie man aus meinem Audiogramm oben ersehen kann, bin ich nicht wirklich der ideale Kandidat für eine elektro-akustische Stimulation. Trotzdem möchte ich versuchen, eventuell mittels EAS eine transcraniale CROS-Versorgung zu erreichen. Meine Hypothese ist folgende. Bei den tiefen Frequenzen wird es ja eh immer schwieriger, den Ursprung eines Signals zu orten und deshalb spielt es hier auch keine so wesentliche Rolle, mit welchem Ohr ich die tiefen Frequenzen höre. Die Ortung von Signalen findet ja massgeblich in den Frequenzen oberhalb 2000 Hz statt. 

 

Transcraniale CROS-Versorgung

CROS steht für Contra-Lateral Routing Of Signals, also das überleiten von Signalen von der audiologisch schlechteren und das Überhören dieser Signale auf der besseren Seite. Bei einem transcranialen CROS verwenden wir hierzu den Schädelknochen, falls die hohen Vibrationen vom Patienten nicht als unangenehm oder gar schmerzhaft empfunden werden. Das wäre dann eine Kontraindikation.

Die hierzu benötigten Instrumente können oben ersehen werden. 

Für eine bimodale Versorgung benötigt man ein Cochlea Implantat (in meinem Falle rechts) und ein Hörgerät (in meinem Falle links).

Für eine elektroakustische Stimulation (EAS) benötigt man ein CI, welches sowohl die elektrische Stimulation als auch eine akustische Stimulation ermöglicht. In meinem Falle ist dies das Advanced Bionics Naída CI M90 mit dem EAS-Winkel (anstatt des T-Mics).

Als ich den EAS-Winkel montiert hatte, setzte ich mich vor meinen Computer und verband meine Geräte per NoahLink Wireless mit der Software. Da ich die Geräte selbst trug, bemerkte ich jede Veränderung in der Software und konnte per AudiogrammDirect eine Zielkurve errechnen lassen. Ich war sehr positiv überrascht, als ich bemerkte, wie ich auf der CI Seite durch die zusätzliche akustische Stimulation definitiv mehr Klangfarbe erhielt. Also sogar ich, mit meinem sehr schlechten, kaum mehr verwertbaren Tiefton-Gehör, empfand auf Anhieb eine Verbesserung. Interessant ist auch, dass ich nicht das Gefühl habe, mit dem linken Ohr zu überhören, obwohl ich beim Aufnehmen eines Audiogrammes sofort bemerke, wann ich anfange zu überhören.

 

Ich trage nun mein CI mit EAS schon einige Zeit und kann ganz klar sagen, dass meine Höreindrücke deutlich natürlicher wurden. Die Sprachverständlichkeit ist in etwa gleich geblieben, aber die Klangqualität hat sich für mich massiv verbessert.