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Psychoakustische Aspekte (Teil 4)

Und wieder einmal wurde ich eines Besseren belehrt. Nach beinahe 3 Jahrzehnten in der Hörgeräteakustik dachte ich mir, dass mich nichts mehr überraschen kann. Falsch gedacht! Wenn mich heute jemand fragt, "Nun erzähl doch einmal, wie klingt das CI?", dann fange ich an, nach Vergleichen zu suchen aus meiner normal hörenden Zeit. Ich habe dann immer Mühe damit, dass mir hier die Vergleiche ausgehen. Ich bin heute auch überzeugt, dass man vermutlich keine zwei CI-Implantat Träger findet, welche das gleich Hörerlebnis haben!

 

Als Grundlage für diesen Blog zeige ich unten noch einmal mein Audiogramm kurz nach dem Hörsturz und ein Bild von mir mit dem ComPilot. Dieser wurde für mich zu einem wichtigen Werkzeug für die Angewöhnung und das Hörtraining.


Frau Dr. Claudia Candreia hat mir schon in der Vorbereitung zur OP gesagt, dass mein rechtes, implantiertes Ohr wieder zum dominanten Ohr werden muss, damit das CI für mich einen Nutzen bringen kann. Das macht Sinn, da das rechte Ohr einen Grossteil der Information (ca. 70%) an das linke Hörzentrum leitet und wir Sprache ja bekannter Weise hauptsächlich über das "Wernicke-Zentrum" und damit verbunden dem "Broca-Zentrum" verarbeiten, verstehen und darauf reagieren. Soweit so gut, aber wie soll man das erreichen, wenn man auf der linken Seit noch "fast" normal hört?

Die Abbildung oben ist von  Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Broca-Areal

Für diejenigen unter Euch, welche sich über die Funktion der periphären Hörbahnen informieren wollen, kann ich den Youtube Canal der "Ninja Nerds Lectures" empfehlen. Es ist jedoch hilfreich, wenn man der englischen, oder korrekter der amerikanischen Sprache mächtig ist;-)

Im Abbild oben einer Review über die  Distribution of Spiral Ganglion Cell Bodies inside the Human Cochlear Central Modilior Trunk bei Anandhan Dhanasingh et al. kann man sehr schön die ungefähre Frequenzzuteilung in der Cochlea im Bezug auf die Position innerhalb derselben erkennen. 

Ich habe mir die Freiheit genommen und das CT meines CI (Vertical gespiegelt) über die Grafik aus dieser Review zu legen. Beim Frequency-Matching kam bei mir heraus, dass die tiefste Frequenz, welche ich mit dem CI wahrnehme, ungefähr 600 Hz entspricht.

Die Übereinstimmung mit dieser Grafik finde ich erstaunlich!

Wie mache ich mein rechtes, implantiertes Ohr zum dominanten Ohr?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil ich noch lange nicht soweit bin. Aber ich bin mir bewusst, dass der Weg dorthin nur über kontinuierliches Tragen und Trainieren erfolgen kann. Mit dem kontinuierlichen Tragen habe ich überhaupt keine Probleme. Ich trage mein CI von ungefähr 07:00 Uhr - ca. 21:00 Uhr, manchmal auch etwas länger;-)

Zum Trainieren verwende ich hauptsächlich den ComPilot, eine portable Relaisstation, mit welcher ich über Bluetooth Verbindung mit Natel und Fernseher aufnehmen kann. Wie genau ich damit trainiere und was für Erfahrungen ich damit mache, darüber werde ich im nächsten Blog berichten. 

 

Bis dahin besten Dank für das Interesse.

 

Euer Hörgeräteakustiker und CI Punk - René