· 

Switch-on und nun...wie klingt es? (Teil 3)

Ich bin mir fast sicher, das ist die grosse Frage, welche die meisten Leser meines Blogs interessiert. Und das ist auch der Grund, warum ich mir etwas Zeit gelassen habe, hierüber zu schreiben. Ich bin mir nämlich bis heute nicht sicher, wie ich das in Worte fassen kann.

 

 

Also zuerst einmal ist es einfach unfassbar, wenn man auf einem Ohr, auf dem man quasi taub war (Gesamt-Hörverlust von 95%), auf einmal wieder etwas hört - einfach fantastisch!!! 

Wie auf dem Audiogramm zu ersehen, höre ich ja links noch relativ gut, trage jedoch wegen der Senke bei 4 kHz links auch ein Hörgerät. Ich kann mir kaum vorstellen, wie ein Switch on für jemanden sein muss, der beidohrig ertaubt ist oder sogar nie gehört hat. Das muss ein überwältigendes und auch ein sehr emotionales Ereignis sein. 

 

Ich versuchte es vor allem mit beruflicher Fachkompetenz zu begreifen, was mir jedoch auch nur zum Teil gelang;-)

 

Also, was passiert bei einem Switch on?

 

 

Nachdem der Sprachprozessor mit dem T-Mic auf die Grösse meines Ohres abgestimmt wurde und mir Herr De Min eine kurze Instruktion über die Handhabung gab, wurde der Advanced Bionics Naìda Q90 Sprachprozessor an den Adapter angeschlossen, ich legte den Sprachprozessor hinter mein Ohr und verband den Magneten mit der Stelle, wo das implantierte Gegenstück dazu liegt. 

 

Da kam schon die erste Überraschung.

 

Das HiRes Ultra 3D Implantat hat gelagerte und in alle Richtungen drehbare Magneten. Dies hauptsächlich darum, damit auch zukünftige Messungen im MRI bis 3 Tesla problemlos durchgeführt werden können. Nun hört man das Geräusch sehr gut, wenn sich die Magneten beim Platzieren des externen Magneten in die richtige Position drehen. Dies hat mich anfänglich überrascht, doch heute nehme ich dieses Geräusch als beruhigende Konfirmation wahr, dass die Magneten ausgerichtet sind und die externe Einheit somit gut hält.

 

Doch bis anhin hatte ich immer noch keinen Höreindruck über das Implantat und den Sprachprozessor. Nun fing Nicola De Min damit an, die Hörschwelle zu evaluieren. Anfänglich wusste ich gar nicht recht, auf was ich jetzt achten musste. Nach und nach bemerkte ich, dass ein Surren meinen breitbandigen Tinnitus durchbrach und ich etwas Anderes als Rauschen hörte. Je nach Frequenz war es ein Zirpen, ein Surren oder ein Brummen, das ich etwas lauter als das Rauschen vom Tinnitus wahrzunehmen begann.

 

Dann musste ich Herrn De Min angeben, wann die Signale angenehm laut sind. Das war vergleichsweise einfach und es war toll, wieder Töne über der Hörschwelle wahrzunehmen. Es waren jedoch keine Sinus- noch Wobbeltöne, welche ich hörte, sondern irgendwelche von einem Synthesizer generierten Signale. 

 

Bei meiner ersten Map kam heraus, dass ich bei allen Elektroden, bis auf den Kanal 14, eine Hörempfindung hatte. Es ist bis heute so, dass ich auf diesem Kanal keine Hörwahrnehmung habe. Wir entschieden jedoch, den Kanal aktiv zu lassen, falls sich das noch ändern sollte. Dies wird noch eine wichtige Rolle im weiteren Verlauf meiner Angewöhnung an das CI spielen.

 

Als mein CI nun zum ersten Mal auf "Live-Sprache" eingestellt wurde, musste ich mir mein gutes Ohr zuhalten, um zu hören, wie das CI klingt. Es war irgendwie ohne Klang. Es zirpte und zischte und brummte und wenn jemand sprach hatte es schon etwas Sprachähnliches, jedoch weit von dem entfernt, was ich mit meinem linken Ohr höre. 

 

Auf diesem Programmbericht meines ersten Mappings kann man ersehen, dass wir den Kanal 14 ähnlich wie die benachbarten Kanäle eingestellt liessen, obwohl ich ja keine Hörempfindung im Kanal 14 habe. Dies geschah in der Hoffnung, dass sich da noch etwas tun würde und auch die Neuronen im Frequenzbereich des Kanal 14 weiterhin stimuliert werden. Wie sich herausstellte, hatte die extrem hohe Impedanz auf der Elektrode 14 jedoch Auswirkungen auf das ganze Implantat.

 

Dies ist nun meine letzte Map und so eingestellt trage ich den Sprachprozessor heute. Schon alleine das Deaktivieren der Elektrode 14 änderte die Pulsbreite und die Kanalrate um jeweils Faktor 10 oder mehr. Wir konnten noch etwas mehr herausholen, indem wir die Pulsbreite Manuell auf 20.7µs fixierten. Bei meiner ersten Map waren dies noch 229µs (APW II). Damit veränderte sich die Kanalrate von 291 pps auf 3228 pps. 

 

Für mich machte das einen riesengrossen Unterschied. Vor allem habe ich jetzt eine gewisse Tonalität in der Hörempfindung. Man könnte sagen die Roboterstimme ist menschlicher geworden. Ich höre nun gewisse Geräusche zuerst im CI-Ohr, meist jedoch kann ich diese nur schlecht deuten. Dann frage ich meist bei meiner Frau nach und wenn ich dann weiss, was es ist, macht es meist auch Sinn.

 

Über sie psychoakustischen Aspekte und die Wichtigkeit der Angewöhnung und die für mich wirksamen Hörtraining-Methoden werde ich in meinem nächsten Blog-Beitrag schreiben.

 

Nur so viel vorab:

Wie man aus meinem Audiogramm ersehen kann, habe ich auch auf meinem linken Ohr einen 4kHz-Senke. Seit ich mir ein Hörgerät zur Kompensation dieser Senke angepasst habe und dieses nun immer trage, hat sich mein räumliches Hören wieder enorm verbessert und ich empfinde einen symmetrischen Höreindruck. Dies lässt den hochtonigen Klang des CI viel angenehmer erscheinen.

 

Danke für das Interesse und bis zum nächsten Blog

 

Euer Hörgeräteakustiker und CI Punk - René